Editorial Africa Positive Heft nr. 83

Länder brauchen keine Konferenzen, um eine investitionsfreundliche Politik zu betreiben.
Wer Investoren in sein Land locken möchte, der weiß selbst, welche Rahmenbedingungen notwendig sind – weil er sie stellt.

Liebe Leserin, lieber Leser,

Warum ist es für einige afrikanische Länder so schwierig, Investoren zu gewinnen? Warum besuchen viele Politiker des Kontinents Konferenzen in Europa und Asien, um Investoren in ihre Länder zu locken? Wahrscheinlich denken sie, dass die Investoren blind sind und von politischen Show-Events überrumpelt werden müssen, damit sie investieren. Doch auch was „hinter den Kulissen“ passiert, ist für ausländische Investoren von Bedeutung.
Jeder Geschäftsmann und Konzern, der in einem Land investieren möchte, weiß, wo er die Daten findet, die ihm bei seiner Entscheidung helfen. Das Mindeste, was jedes Land zu bieten haben sollte, ist Sicherheit für Menschen und Eigentum, gefolgt von transparenten Investitionsgesetzen und -verfahren. Ein transparentes Steuersystem ist ebenfalls unabdingbar. Killer vieler nachhaltiger Entwicklungen ist die Korruption, die von denselben Politikern und Beamten praktiziert wird, die die Interessen des Landes fördern sollten und eine instabile politische Situation mit laufenden oder sich entwickelnden Bürgerkriegen.

Was haben viele arme afrikanische Länder gemeinsam?
Viele der sehr armen afrikanischen Länder sind sehr reich an natürlichen Ressourcen. Die Verantwortlichen weigern sich jedoch beharrlich, transparente und effektive Strukturen einzuführen. Vetternwirtschaft, Korruption, Gier und zerstörerischer Hass unter ethnischen Gruppen haben viele dieser Länder in Kriegsgebiete verwandelt. Selbst in einigen Ländern, in denen nicht mit Waffen gekämpft wird, gibt es keinen wirklichen Frieden, weil die eigenen Gesetzeshüter die Bevölkerung tagtäglich terrorisieren. Das Justizsystem in vielen Ländern gleicht einem Theaterraum. Seien wir ehrlich zueinander: Welcher Investor, um Himmels willen, würde sein Geld in einem dieser Länder für ein langfristiges Projekt anlegen? Welcher Investor will etwas Teures und Kompliziertes aufbauen, was danach sowieso wieder von Rebellen zerstört wird? Auch die Arbeitslosenquote ist häufig alarmierend. Würden nicht viele Investoren nur nach kurzfristigen lukrativen Geschäftsinitiativen suchen, die am Ende keine dauerhaften Arbeitsplätze schaffen …

Womit sind einige Investoren konfrontiert?
Die Erfahrungen vieler Geschäftsleute, die versucht haben, in einem solchen Land zu investieren, sind alarmierend. Ein Geschäftsmann erinnerte sich an eine Begegnung, als er eine Produktionsfabrik bauen wollte, in der über 200 Menschen beschäftigt werden sollten. Der zuständige Minister verlangte für die Bearbeitung 1/5 des Investitionsbudgets! Wenn sich der Investor so viel Geld allein für die Erledigung des Papierkrams ausgeben muss, kann er sein Projekt nicht wie geplant durchführen. Der Investor weigerte sich, dem Minister das Geld zu geben, und der Minister weigerte sich, die Dokumente auszufertigen. Die Konsequenzen sind: keine neue Jobs und keine Steuereinnahmen. Es gibt schlimme Geschichten darüber, was Investoren in diesen Ländern erleben. Selbst einheimische Investoren, die allen Widrigkeiten trotzen und investieren, werden regelmäßig von Steuerbeamten und korrupten Staatsdienern schikaniert und abkassiert.

Armut und Unterentwicklung sind menschengemacht
Die Politik, die die Bürger daran hindert, sich aktiv und frei an der Entwicklung ihrer Länder zu beteiligen, ist eine bewusste Entscheidung. Die Besetzung von Regierungsämtern mit Personen, die einen Teil der Bürger aktiv an der politischen, sozialen und wirtschaftlichen Teilhabe hindern, ist ebenfalls ein vorsätzlicher Akt. Die Unterzeichnung unfairer Verträge in der Rohstoffindustrie zum Nachteil des Staates, nur um für sich persönlich zusätzliches Geld zu scheffeln, ist ein vorsätzlicher Akt.
Nicht in Gesundheitssysteme zu investieren, weil man als Minister/Staatschef die Mittel hat, für eine Behandlung nach Europa zu fliegen, ist ein vorsätzlicher und bösartiger Akt.
Sich zu weigern, Maßnahmen zu ergreifen und umzusetzen, die Investitionen im Land fördern und damit viele Menschen aus der Armut holen können, ist eine vorsätzliche Handlung.
Die Förderung der Abwanderung von einheimischen Fachkräften durch politische, religiöse oder finanzielle Unsicherheit und ein ungesundes Arbeitsklima sind ein vorsätzlicher Akt und führt dazu, dass das Land in vielen Bereichen unterversorgt ist.
Viele afrikanische Länder hätten das Zeug, zu erfolgreichen Wirtschaftszentren zu werden, aber die herrschende Klasse macht dieses Potenzial zunichte. Die meisten Lösungen für diese Herausforderungen sind hausgemacht.

Liebe Leserinnen und Leser, ist es nicht traurig, dass wir alle wissen, was nötig wäre, um die Armut in diesen Ländern zu beseitigen? Dass aber dieselben Leute, die für die Verbesserung des Lebensstandards der Bevölkerung zuständig sind, die Entwicklung verhindern? Wie viel Hilfe und Kredite des Westens und Chinas werden diese Situation verbessern? Ist Entwicklung am Ende nicht etwa doch ein Zustand des Geistes, der Moral und des Charakters?
Ohne eine gute Politik und politische Akteure mit guten Absichten wird es sehr schwierig, die Massen aus der Armut zu befreien. In diesem Jahr gedenken wir daher auch Thomas Sankaras, der sich für eine ehrliche, transparente und schuldenfreie Politik einsetzte. Leider wurde er ermordet, um die Entwicklung von Burkina Faso zu verhindern.
Liebe Leserinnen und Leser, wie immer haben wir in dieser Ausgabe eine Sammlung von interessanten Artikeln und Meinungen. Wir freuen uns auf Ihre Feedbacks!

Viel Spaß bei der Lektüre!
Veye Tatah