Empathie – die unterschätzte Kraft des Mitgefühls

Liebe Leserin, lieber Leser,
angesichts dessen, was derzeit in vielen Ländern geschieht, habe ich mich gefragt, was aus der menschlichen Empathie geworden ist.

Empathie, die Fähigkeit, sich in die Gefühle und Perspektiven anderer hineinzuversetzen, gilt als Grundpfeiler menschlichen Zusammenlebens. Sie ermöglicht Kooperation, Verständnis und moralisches Handeln.

In einer zunehmend polarisierten Welt, in der soziale Medien, politische Machtspiele und wirtschaftliche Interessen den Ton angeben, scheint diese Fähigkeit jedoch immer häufiger verloren zu gehen. Dabei entscheidet Empathie nicht nur über das individuelle Zusammenleben, sondern auch über die Stabilität ganzer Gesellschaften.

Im Alltag zeigt sich Empathie in kleinen Gesten: dem Zuhören, dem Verstehen fremder Sorgen, der Rücksicht im Straßenverkehr oder der Bereitschaft, Kompromisse einzugehen. Wo sie fehlt, entstehen Missverständnisse, Konflikte und soziale Isolation. Eine empathische Gesellschaft ist in der Lage, Vielfalt zu akzeptieren und Solidarität über kulturelle, religiöse oder soziale Grenzen hinweg zu leben. Ohne Empathie verroht der öffentliche Diskurs – und mit ihm das soziale Klima.

Besonders deutlich zeigt sich die Bedeutung von Empathie in der Politik. Führungsfiguren prägen den gesellschaftlichen Ton. Fehlt ihnen die Fähigkeit, das Leid oder die Bedürfnisse ihrer Bürger zu verstehen, verlieren politische Entscheidungen schnell ihre moralische Basis. In Kamerun etwa führt mangelnde Empathie in der Regierung seit Jahren zu einer Entfremdung zwischen Staat und Bevölkerung. Die Unfähigkeit, auf berechtigte Sorgen marginalisierter Regionen einzugehen, hat Konflikte verschärft und Vertrauen zerstört. Statt Dialog und Versöhnung bestimmen Repression und Misstrauen den politischen Alltag. Die Folge: ein Kreislauf aus Gewalt, Angst und Flucht.

Die Ergebnisse, die in den Wahllokalen bei den Wahlen am 12. Oktober in Kamerun gesammelt wurden, zeigen, dass der Oppositionskandidat Issa Tchiroma Bakary gewonnen hat. Aber die Biyas-Mafia hat wie üblich das Ergebnis gefälscht, um an der Macht zu bleiben. Sie sind bereit, das Land ins Chaos zu stürzen, nur um ihre eigenen gierigen Interessen zu verfolgen.
Auch in den USA lässt sich beobachten, wie Defizite an Empathie politische Spaltung fördern. Wenn Führer polarisierende Rhetorik benutzen, Gruppen gegeneinander ausspielen oder soziale Ungerechtigkeiten verharmlosen, leidet das Fundament der Demokratie. Der Verlust an Mitgefühl gegenüber Minderheiten, Armen oder Migranten vertieft gesellschaftliche Gräben und erschwert Kompromisse. Politik wird zum Machtspiel, nicht zum Dienst am Gemeinwohl. In den USA will der republikanische Kongress die Gesundheitsversorgung und andere staatliche Unterstützung für Schüler, ältere Menschen und Veteranen kürzen. Dabei handelt es sich um Gruppen, die ohnehin schon ums Überleben kämpfen. Was ist mit dem menschlichen Mitgefühl geschehen?

Medien spielen dabei eine zentrale Rolle. Sie formen die emotionale Wahrnehmung gesellschaftlicher Gruppen. Wird über Migranten oder Geflüchtete regelmäßig im Zusammenhang mit Kriminalität berichtet, entsteht unbewusst ein negatives Bild, das Mitgefühl untergräbt. Zahlreiche Studien zeigen, dass die Wortwahl in Artikeln – etwa Begriffe wie „Flut“, „Welle“ oder „Invasion“ – Ängste schürt und Menschen zu Objekten macht. Dadurch verschiebt sich der öffentliche Diskurs: Statt Verständnis und differenzierter Betrachtung dominieren Abwehrreflexe und Feindbilder.

Diese mediale Verzerrung hat spürbare Folgen. Gesellschaften, die bestimmte Gruppen wiederholt negativ dargestellt sehen, entwickeln Vorurteile und Diskriminierungstendenzen. Betroffene verlieren Vertrauen in Medien und Institutionen, was wiederum Polarisierung verstärkt. Empathie wird hier nicht nur vernachlässigt, sondern aktiv abgebaut.

Wie lässt sich Empathie also fördern? Zunächst braucht es Bildung, die emotionale Intelligenz und kritisches Denken gleichermaßen stärkt. Schulen sollten Räume schaffen, in denen Kinder lernen, sich in andere hineinzuversetzen, Konflikte gewaltfrei zu lösen und Vielfalt als Bereicherung zu begreifen. Medienhäuser wiederum tragen Verantwortung, durch faire, menschliche Berichterstattung Empathie zu kultivieren, anstatt sie durch sensationsgetriebene Schlagzeilen zu zerstören. Auch im politischen Diskurs muss die Sprache des Mitgefühls wieder Platz finden: Zuhören statt Zuschreiben, Verantwortung statt Spaltung.

Im digitalen Zeitalter kann Empathie als Gegenkraft zur Entfremdung wirken. Sie erinnert uns daran, dass hinter jedem „Profil“ ein Mensch steht. Nur wenn wir uns bemühen, andere Perspektiven zu verstehen, können wir gemeinsame Lösungen finden. Empathie ist keine Schwäche, sondern eine Stärke – sie macht Demokratie lebendig, Gesellschaften widerstandsfähig und menschliches Zusammenleben erst möglich. In einer Zeit, in der Spaltung und Misstrauen wachsen, ist Empathie das vielleicht wichtigste politische und soziale Gut unserer Zukunft.
Veye Tatah