Diplomatischer Druck und Dialog statt Geld!
Liebe Leser,
seit mehr als 6 Monaten gibt eine schwere Staatskrise in Kamerun. Der englischsprachige Teil des Landes ist weitgehend von der Außenwelt abgeschnitten. Es gibt kein Internet, das tägliche Leben ist fast lahmgelegt. Die Schulen sind geschlossen. Die Gerichte funktionieren nicht. Lehrer und Anwälte streiken. Einmal in der Woche gibt es „Geisterstädte“ mit zivilem Ungehorsam. Lehrer, Anwälte und Richter sowie mehr als 100 andere Menschen wurden verhaftet. Sie hatten gewagt, zu protestieren. Es ist mehr als verwunderlich, dass es keinen Aufschrei in den europäischen Medien gibt. In Kamerun befolgen die Regierenden ihre eigenen Gesetze nicht, erwarten das aber von der Bevölkerung. Das kamerunische Parlament hat vor fast 20 Jahren ein Gesetz zur Dezentralisierung verabschiedet, das aber nie umgesetzt wurde. Auch hat das Parlament ein Gesetzt verabschiedet, dass jeder, der ein hohes Amt in einem Ministerium oder der Verwaltung ausüben soll, vorher sein Vermögen offenlegen muss. Bis heute halten sich die Regierenden nicht an dieses Gesetz zur Korruptionsbekämpfung. Kamerun, ein Land reich an Ressourcen, mit gut ausgebildeten Menschen, liegt mit seiner Entwicklung hinter vielen afrikanischen Ländern zurück. Aber die Krise kommt nicht von der englischen oder französischen Sprache, sondern von schlechter Regierungsführung, Tribalismus, Nepotismus und einem fehlenden unabhängigen Rechtssystem.
Welche Zukunft hat Kamerun?
Diese aktuelle Krise könnte das Land in einen Bürgerkrieg führen. Deswegen mein Appell: Wenn die internationale Gemeinschaft einen Funken Mitleid für die Bevölkerung Kameruns hat, dann muss jetzt entschieden gehandelt und geholfen werden, die Krise mit Dialog und Verhandlungen zu lösen. Kamerun braucht weder Entwicklungsgelder noch Waffen. Das Land braucht eine strukturelle Reform auf allen gesellschaftlichen Ebenen.
Opa Paul Biya darf nicht mehr zum Wahl antreten!
Kamerun und Zimbabwe haben etwas gemeinsam. Sie haben zwei Senioren, die in Ruhe ihr Leben im Altersheim genießen und dabei das afrikanische Brettspiel Bao spielen und sich schöne Lieder von den Pflegern vorsingen lassen sollten. Aber beide hängen an der Macht und halten ihre Länder in Geiselhaft. Paul Biya, 85, möchte nächstes Jahr wieder für die Präsidentschaftswahl kandidieren. Dabei sieht er wohl Robert Mugabe, 93, den Präsidenten von Simbabwe, als Vorbild an. Er denkt bestimmt, was Mugabe kann, kann ich noch besser! Seit Jahren regiert Biya Kamerun nur noch gelegentlich. Opa Biya braucht viel Ruhe. Er verbringt viel Zeit als Dauergast im Hotel Intercontinental in Genf. Vom 20. bis 22. März 2017 war er auf Staatsbesuch in Italien und flog anschließend direkt in die Schweiz, wo er sich bis zum 14. April von dem anstrengenden Besuch ausruhte, trotz der schweren Krise in seinem Land. Entweder es ist ihm gleichgültig, was in seinem Land passiert, oder er kann nicht mehr. Aber er klebt an der Macht wie ein Kaugummi. Durch Wahlen können die Kameruner Paul Biya nicht mehr loswerden. Er hat in seiner 35-jährigen Regierungszeit ein betrügerisches und korruptes System aufgebaut, nur damit er die Wahlen gewinnt. Heute sind die Parlamentarier in Kamerun durchschnittlich 65 Jahre alt. Aber die Bevölkerung Kameruns ist durchschnittlich 22 Jahre alt. Alte Männer und Frauen blockieren die Zukunft der Jugend, aber schicken ganz brav ihre Kinder zum Studium ins Ausland. Das Internet ist in einem Teil Kameruns seit Monaten blockiert. Banken und Internet-Startups funktionieren nicht mehr. Man schätzt, dass bereits ein Schaden von ca. 2 Mio. US-Dollar entstanden ist. Sogar Edward Snowdon unterstützt unter #BringBackOurInternet die Kameruner gegen die Repression der Regierung.
Was muss getan werden, um das Schlimmste zu verhindern?
Gute ausgebildet Kameruner fahren Mopedtaxis oder verkaufen Erdnüsse. In das Gesundheitssystem wird kaum investiert. Die Eliten lassen sich und ihre Kinder lieber in Europa behandeln. Deswegen schlage ich ein Einreiseverbot für alle Regierungsmitglieder vor. Keinen Gesundheits- oder Luxus-Tourismus! Zweitens müssen die gestohlenen Gelder, die im Ausland gebunkert sind, und die damit erworbenen Immobilien beschlagnahmt werden. Die Botschaft muss lauten: Wenn Ihr eure Länder ausplündert, genießt nicht bei uns, was ihr bei euch nicht aufbaut. Stopp sämtlicher Geldzahlungen Seit die Regierung Biyas an der Macht ist, ist Kamerun in seiner Entwicklung im Rückwärtsgang. Es gibt kaum Investitionen in die Infrastruktur. Viele staatliche Unternehmen sind bankrott. Das Investitionsklima ist sehr schlecht. Überall soll man Schmiergeld zahlen, sogar wenn man ein Unternehmen gründen möchte, das Arbeitsplätze und Perspektiven für die Jugend schafft. Mit guten Ideen und Fleiß kommt man nicht vorwärts. Keine Wunder, dass gut ausgebildete und fleißige Kameruner lieber im Ausland bleiben als zurück nach Hause zu gehen. Die Wenigen, die Vitamin B zur Macht haben, schaffen es, sich im System zu etablieren. Die Mehrheit aber nicht.
Keine funktionierende Justiz – keine Sicherheiten für Investoren
Wenn Politiker statt Richter Justiz-Urteile fällen, kann es keine Sicherheit weder für die Menschen noch für Investoren geben. Verhaftungen sind willkürlich; man kann sich nicht wehren. Solange Frankreich Öl und Holz aus Kamerun holt und gleichzeitig die wichtigsten Wirtschaftsaktivitäten fast monopolistisch beherrscht, machen sie die Augen zu und sehen keine Menschenrechtsverletzung oder Repressalien. Hier steht die Glaubwürdigkeit der EU auf dem Spiel, wenn diese weiter schweigt und dem Treiben zuschaut.
Liebe Leser, in diesem Heft finden Sie interessante Artikel, die Alternativen anbieten sowie Menschen, die in ihrem Umfeld Veränderung bewirken. Genießen Sie die Lektüre!
Veye Tatah