Die Entkolonialisierung konzentriert sich meist auf die Politik, die Kunst und die Wirtschaft. Aber wir neigen dazu, die psychologischen Schäden zu vergessen, die den kolonisierten Völkern zugefügt wurden.
Liebe Leserinnen und Leser,
In letzter Zeit gab es viele Gespräche und Aktionen in verschiedenen Bereichen, die unser tägliches Leben betreffen, nämlich über den wichtigen Entkolonialisierungsprozess. Von der Politik, Wirtschaft, Kultur, Forschung bis hin zur Sprache. Auf dem afrikanischen Kontinent gibt es viele Bewegungen, aber diese sind meistens nur in die gleiche Richtung orientiert: Entkolonialisierung der Gesellschaften, der Politik und der Wirtschaft.
Als schwarze Frau, die in Deutschland lebt und in einem afrikanischen Land aufgewachsen ist, habe ich einige der schriftlichen Beiträge und auch die Aktionen einiger dieser Gruppen analysiert.
Und aus meiner Sicht kann ich sagen, dass in vielen afrikanischen Ländern sowie in vielen afrikanischen Gemeinschaften im In- und Ausland der tatsächliche Kernschaden des Kolonialismus nicht ernsthaft angegangen wird, nämlich der psychologische Schaden in der Denkweise. Man kann durchaus von einer Vergewaltigung der Schwarzen Seele sprechen, deren Folgen immer noch sicht- und spürbar sind. Um deren Folgen zumindest abzumildern, bedarf es jedoch mehr als den bloßen Blick auf das Materielle.
Die Religion ist eines der Haupthindernisse für die Entwicklung Afrikas
Wie kann ein Volk, das von einer Gruppe von Menschen versklavt und kolonialisiert wurde, dieselbe Religion akzeptieren und praktizieren, die die Sklavenhalter und Kolonialherren zur Rechtfertigung ihrer Versklavung benutzt haben? Wie kann man eine Religion praktizieren, die besagt, dass Menschen, die wie man selbst aussehen, fühlen und denken, böse sind? Ist dies Teil eines zeit- und völkerübergreifenden Stockholm-Syndroms? Schauen Sie sich die Art des Christentums an, die sich in afrikanischen Ländern und in den afrikanischen Gemeinschaften durchsetzt. Sie ist definitiv von radikalen amerikanischen Ideen durchsetzt. Viele Betroffene ziehen es vor, viel Zeit damit zu verbringen, zu einem weißen Jesus und auch zu Allah zu beten, damit er kommt und ihre Probleme löst. Außerdem ist es leichter, zu sagen/denken, irgendetwas sei „Gottes Wille“, als selbst als eigenständige Person die Verantwortung für Handeln oder Nichthandeln zu übernehmen.
Anstatt ihre Hände und ihren Verstand zu benutzen, um ihre Probleme selbst zu lösen, ziehen solche Leute es vor, die Problemlösung auf Gott und Allah auszulagern. In vielen Ländern Afrikas schießen Megakirchen wie Pilze aus dem Boden. Man stelle sich vor, deren schwarze „Eigentümer“ würden statt Kirchen Fabriken bauen, um in ihren Ländern dringend benötigte Güter zu produzieren und damit Arbeitsplätze für die Jugend zu schaffen. Stattdessen ziehen sie es vor, den armen Menschen das wenige Geld aus der Tasche zu ziehen und ihnen zu versprechen, dass Gott kommen und alle ihre Schwierigkeiten beseitigen wird, wenn sie den Kirchenbesitzern mehr Geld geben. So als wären die himmlischen Kräfte bloße Auftragnehmer, von denen man für die Bezahlung auch anständige Arbeit erwarten könne.
Dieselben Schwarzen, die vom „Weißen“ und den „Arabern“ versklavt und einer Gehirnwäsche unterzogen wurden, sind es auch, die ihren eigenen Schwarzen Mitmenschen „im Namen von Jesus“, „Allah“ und Politik dasselbe antun, was ihnen selbst geschah. Wieso? Diese Frage stelle ich mir immer wieder: Ist das Leben der Schwarzen für die anderen Schwarzen selbst wirklich wichtig? Oder ist „Black lives matters“ eine reine Phrase?
Wie können wir unsere Gesellschaften aufbauen und weiterentwickeln, wenn alle darauf aus sind, sich gegenseitig auszubeuten? Die korrupten Politiker und Militärs, die die Ressourcen der Länder abschöpfen sowie die so genannten Pastoren oder Gottesmänner (man beachte, alles Männer!), die den Armen und wenig gebildeten Hoffnungslosen Jesus verkaufen. Und keine Argumente und Fakten können die ausgebeuteten Menschen überzeugen, diesen falschen Führern nicht mehr zu folgen. Das Stockholm-Syndrom in voller Aktion.
Die Normen und Werte in einer Gesellschaft, die unser tägliches Leben beeinflusst
In vielen afrikanischen Gesellschaften, insbesondere in solchen mit unterschiedlichen ethnischen Gruppen, ist das Ausmaß der Diskriminierung alarmierend. Eheschließungen mit einer anderen ethnischen Gruppe oder mit einem Schwarzen Menschen aus einem anderen afrikanischen Land werden von den jeweiligen Familien meist mit Unbehagen aufgenommen, wenn nicht sogar mit Misstrauen und Hass. Toleranz? Fehlanzeige. Die Ironie des Ganzen ist, dass eine Heirat mit einem Weißen dagegen von fast Allen begrüßt wird. Ist es das Stockholm-Syndrom? Schwarze Menschen praktizieren Selbsthass gegen „Schwarze Menschen“, im Namen von, ja, von was eigentlich?
Jüngstes Beispiel ist der Aufruhr in den sozialen Medien über die Nationalität der Miss-SA-Kandidatin. Die 23-jährige Adetshina aus Kapstadt ist eine der 13 Kandidatinnen, die noch im Rennen um die Krone der Miss SA 2024 sind. Die Jurastudentin steht derzeit wegen ihrer nigerianischen und mosambikanischen Herkunft unter Beschuss. Adetshina ist das Kind eines nigerianischen Vaters und einer Südafrikanerin mosambikanischer Abstammung. Es wurden ernsthaft Petitionen gestartet, in denen ihre Disqualifizierung gefordert und behauptet wird, sie könne Südafrika und dessen Einwohner aufgrund ihrer nigerianischen und mosambikanischen Herkunft nicht vertreten (Quelle: IOL).
Stellen Sie sich vor: das kommt wirklich von schwarzen Südafrikanern! Sie haben schnell vergessen, dass andere schwarzafrikanische Länder sie im Kampf gegen die weiße Apartheid unterstützt haben. Aber die fremdenfeindlichen und afrophobischen Äußerungen gegenüber Adetshina und anderen Einwanderern aus afrikanischen Ländern sind alarmierend. Man sieht selten schwarze Südafrikaner, die gegen weiße Einwanderer aus westlichen Ländern protestieren. Ist dies das Stockholm-Syndrom in Reinkultur? Bei den jüngsten Wahlen in Südafrika wurde der Panafrikanist Julius Malema bestraft, weil er für ein vereintes Afrika und offene Grenzen in Afrika eintrat.
Manchmal scheint es, als ob der Verstand einiger Schwarzer darauf programmiert ist, alles zu hassen, was wie sie selbst aussieht. Wie kommt es, dass es einigen schwarzen Politikern in afrikanischen Ländern an Empathie für ihre eigenen schwarzen Mitbürger mangelt, wenn man es aus der politischen Perspektive betrachtet? Anstatt eine Politik zu betreiben, die allen Menschen in ihrem Land zu mehr Wohlstand und Sicherheit verhilft, sind sie bestrebt, die Ressourcen ihrer Länder für private Zwecke auszubeuten, und sie fördern aktiv den Hass zwischen ethnischen Gruppen. Dadurch entstehen Kriege. Die Mentalität, Menschen zu fördern, ist nicht weit verbreitet. Wenn jemand erfolgreich ist, wird er alles tun, um andere daran zu hindern, ebenfalls erfolgreich zu werden. Es gibt eine Menge kreativer Köpfe in den schwarzen Communities. Aber sie verwirklichen ihre Ideen nur selten, weil ihre Communities erfolgreiche Menschen nicht ertragen, wertschätzen und unterstützen können. Zu tief ist der Egoismus in die Seelen eingebrannt. Er vergiftet sie. Erfolgreiche Schwarze werden in den schwarzen Communities oft als Bedrohung angesehen und nicht als Bereicherung, die andere aufwerten und befähigen könnte. Sie tun alles, um gute Ideen (Projekte) zu zerstören und zu sabotieren, und später sind sie dieselben, die sich am meisten über fehlende Arbeitsplätze für Schwarze und Diskriminierung beklagen.
Die Entkolonialisierung in afrikanischen Ländern und schwarzen Gemeinschaften sollte damit beginnen, die Mentalität der Menschen zu entkolonialisieren, Probleme des Selbsthasses anzugehen und die Selbstliebe und den Ubuntu-Geist zu fördern. Viele Politiker in afrikanischen Ländern sind nur ein Spiegelbild ihrer Gesellschaften und der Werte, in denen sie aufwachsen. Hoffen wir, dass die junge schwarze Generation von dieser kolonialen Last und dem Selbsthass befreit wird.
Liebe Leserinnen und Leser, manchmal ziehen wir es vor, kosmetisch Probleme zu lösen und die wirklichen Probleme zu ignorieren, die den Kern viele Herausforderungen ausmachen, vor denen wir stehen. Die Entkolonialisierung sollte jedoch bei jedem Einzelnen von uns beginnen und sich dann auf unsere Haushalte, unsere Städte und unsere Länder ausweiten. Das Umdenken ist ein schwieriger Prozess, der viel Zeit in Anspruch nimmt, aber wir müssen es tun, wenn wir unsere aktuelle Situation verbessern wollen. Für uns, für die Anderen, für unsere Zukunft.
Viel Spaß bei der Lektüre
Veye Tatah