Konfliktprävention und Konfliktmanagement auf dem Kontinent
Wessen Interesse verfolgt ECOWAS in Mali?
Liebe Leser,
das Africa Positive Team wünscht Ihnen alles Gute zum Neuen Jahr. Unsere Hoffnungen zur Eindämmung von Covid-19 scheinen im weite Ferne gerückt. Ein Blick auf den bunten Kontinent Afrikas zeigt, dass viele Länder trotz mangelnder Gesundheitssysteme nicht so stark von Covid-19 betroffen sind wie viele Ländern im Westen. Vielleicht können wir daraus lernen, dass nicht jede Maßnahme aus dem Westen auf die Länder Afrikas eins-zu-eins übertragbar ist.
Die Herausforderungen der Pandemie-Bekämpfung, Ernährungssicherheit, Klimawandel, Energiesicherheit, Förderung freier interkontinentaler Märkte, das Wachstum der Volkswirtschaften und die Schaffung von Arbeitsplätzen erfordern langfristige Lösungen und Zeitabläufe, die die Prioritäten, Ziele und Traditionen jedes Landes in den Mittelpunkt stellen und nicht vom Westen aufgedrängt werden.
Um diese Herausforderungen zu meistern, muss vorher ein gewisses Maß an Frieden und Sicherheit herrschen. Das bringt uns zum Thema der Konfliktmanagement und -preväntion zurzeit in der Sahelregion. Mali leidet seit Langem nicht nur von Terrorangriffen, Klimawandel etc., sondern auch unter schlechter Regierungsführung.
Die militärischen Operationen zur Sicherung Malis (MINUSMA, Barkhane, usw.) haben bisher keine deutliche Besserung im Leben der Bevölkerung gebracht. Auch das zentralistische politische System war nur ein Schatten seiner selbst. Proteste von Zivilgesellschaft und Oppositionsparteien wurden brutal niedergeschlagen. Es gab nie einen ehrlichen Dialog, um das Land in eine erfolgreiche Zukunft zu lenken. In kurzer Zeit fanden zwei Staatsstreiche statt. Der Militärchef Assimi Goita leitet seitdem die Geschicke des Landes.
Mali ist Mitglied der Economic Community of West African States (ECOWAS). Daher hat ECOWAS vor dem Staatsstreich viele Versuche unternommen, den Status quo im Land zu bewahren.
Am 9. Januar hat ECOWAS Sanktionen gegen Mali verhängt, weil das Militär Neuwahlen erst in vier Jahre plant. Als Wirtschaftssanktionen werden die Handels- und Finanzhilfen ausgesetzt und alle Grenzen zu Mali geschlossen. Am 15.1.2022 protestierten über 100.000 Menschen in Bamako als Unterstützung für die Militär Regierung, gegen die Sanktionen von ECOWAS und für das Verschwinden Frankreichs aus Mali. Nach diesen Protesten muss man sich fragen, für wen ECOWAS eigentlich arbeitet? Für die Menschen in Mali oder für die Interesse der Staatschefs und Frankreich.
Im September 2021 wurde in Guinea Conakry der amtierende Präsident Alpha Conde vom Militär abgesetzt, angeführt von dem jungen charismatischen Oberst Mamady Doumbouya. Während das Ausland (ECOWAS, AU, EU, UN, Frankreich, England) den Putsch kritisierte, jubelten tausende Guineer auf den Straße,, um ihre Freude und ihr Glück zu teilen.
Mali und Guinea gehören zu ECOWAS. Die Ereignisse zeigen eine Bewegung, die nicht mehr zu stoppen ist.
Bei den Vermittlungsbemühungen in Mali wurde ersichtlich, dass ECOWAS alles daran setzte, ihren Kollegen, Präsident Ibrahim Boubacar Keita (gest.16.1.2022), gegen den Willen der Mehrheit des Volkes an der Macht zu halten.
In Guinea hatte Alpha Conde im Jahr 2020 die Verfassung geändert, um eine dritte Amtszeit durchzusetzen. Diese Änderung der Verfassung war äußerst umstritten und führte zu Massendemonstrationen, bei denen Dutzende von Menschen starben.
Es war daher nicht verwunderlich, dass in Mali und Guinea das ganze Land und die Opposition für das Militär in Jubel ausbrachen. Sie sahen in der Militäraktion die dringend benötigte Befreiung, nach der sie sich lange gesehnt hatten.
Sogenannte demokratische Regierungen trampeln in vielen Ländern Afrikas auf den Verfassungen. Sie unterdrücken die Bevölkerung, plündern die Staatskassen anstatt eine Infrastruktur zu bauen und kleben Jahrzehnte lang an der Macht. Wo sind und wo waren ECOWAS, AU, EU, UN, Frankreich und Co. mit Sanktionen, um die Einhaltung von demokratischen Regeln und die Menschenrechte zu respektieren?
In Tschad hat der Soldat Mahamat Idriss Déby Itno mit Unterstützung Frankreichs einen Staatsstreich durchgeführt. Viele afrikanische Staatschefs kamen zum Amtseinführung. Warum ist ein Militärputsch in Tschad legitim und einer in Mali und Guinea nicht?
Im meinem Editorial vom Heft 68 /2018 mit dem Titel „Jugend Afrikas, Zeit für eine friedliche Revolution!“ kritisierte ich afrikanische Politiker wegen ihrer Gleichgültigkeit gegenüber Ihrer Bevölkerung. Die Jugend erwartet Fortschritt, die zur Verbesserung Ihres Lebens führen. Die Bodenschätze und Ressourcen Afrikas gehören den Afrikanern und nicht den ehemaligen Kolonialherren. Durch Manipulationen, Tricks und Kriege wurden mit „Präsidenten als Strohmännern“ Verträge zum Abbau von Bodenschätzen abgeschlossen. Diese Verträge dienen den Interessen des Westen, aber bei der Bevölkerung der afrikanischen Länder kommt wenig bis nichts an. Die Zeit ist jetzt reif, diese dauernde Ungerechtigkeit und Ausbeutung zu stoppen. Alle Verträge müssen neu verhandelt werden.
Viele Konflikte auf dem Kontinent könnten theoretisch durch ehrliche und konstruktive Dialoge verhindert werden. AU, ECOWAS und Co. müssen sich entscheiden, auf wessen Seite sie stehen. Auf der Seite der alten Machthaber mit ihren ausländischen Verbündeten oder auf der Seite der Bevölkerungen. Seid gewarnt, die Jugend Afrikas lässt sich nicht mehr viel bieten.
Ohne soziale Gerechtigkeit, Frieden und Sicherheit werden die Volkswirtschaften nicht wachsen. Die Belange der Menschen müssen bei Entscheidungen Priorität haben anstatt unpopuläre Regierungen an der Macht zu halten. Dann hört man, die „demokratisch gewählte Regierung“ solle wieder eingesetzt werden. Als die Machthaber / ewige Präsidenten die Wahlen gestohlen haben, die Verfassung geändert haben, wo waren diese Demokratie-Verfechter? Vielleicht brauchen diese Länder disruptive Ereignisse für einen Neuanfang, um die alten korrupten, ineffektiven Strukturen aufzubrechen. Die Länder Afrikas benötigen gut funktionierende und transparente Regierungssysteme.
Liebe Leser, lassen Sie uns beobachten, wie sich die Ereignisse im Laufe des Jahres entwickeln. Übrigens, der Africa Cup findet zur Freude der Fußballwelt zur Zeit in Kamerun statt. Lasst uns optimistisch bleiben.
Genießen Sie die Lektüre!
Veye Tatah