Sind die tatsächlichen Ergebnisse von Regierungshandeln zur Verbesserung
des Lebens der Bevölkerung nicht wichtiger als die Regierungsform?
Liebe Leserin, lieber Leser,
das neue Jahr beginnt mit der erhofften Eindämmung der Corona Pandemie, die unsere bisherige Lebensweise auf den Kopf gestellt hat. Wie können wir diese „Eine Welt“ gerechter gestalten? Alle Menschen sind von Covid19 betroffen, reich oder arm, wir sitzen alle im selben Boot. Trotz Covid19 fanden letztes Jahr mehrere Wahlen in afrikanischen Ländern statt, darunter Ghana, Guinea, Niger, Elfenbeinküste, Burkina Faso, Tansania, die Zentralafrikanische Republik u.s.w. Ich beschäftige mich seit einiger Zeit mit der politischen Entwicklung auf dem Kontinent. Bisher wurden die de¬mokratischen Fortschritte eines Landes anhand von Wahlen und der Möglichkeit eines Regierungswechsels gemessen. Ich bin der Meinung, dass das in Bezug auf die afrikanischen Länder nicht ausreicht.
Was ist Demokratie?
Demokratie bezeichnet Herrschaftsformen, politische Ordnungen oder politische Systeme, in denen Macht und Regierungsgewalt vom Volk ausgehen. Dieses wird entweder unmittelbar oder durch die Wahl entscheidungstragender Repräsentanten an allen Entscheidungen, die die Allgemeinheit verbindlich betreffen, beteiligt (Wikipedia). Anhand dieser Definition kann man behaupten, dass die meisten Regierungen in den afrikanischen Ländern keine Demokratien sind. Das Gemeinwohl hat kein Priorität. Die bisherigen Entscheidungen haben der Mehrheit ihrer Bürger kaum Wohlstand oder eine gute Versorgung der Grundbedürfnissen gebracht. Viele Menschen sind desillusioniert von dieser Form der Schein Demokratie.
Dabei taucht öfter die Frage auf, welche Regierungsform denn für die afrikanischen Länder geeignet ist. Ich bin auf der Online Plattform Eyegambia auf einen Bericht vom August 2020 gestoßen, sein Titel: „Demo¬kratie ist keine gute Sache für Afrika Salif Keita, The Golden Voice of Africa“. Die Begründung: Salif Keita erklärt, wegen mangelnder Bildung blieben der Bevölkerung die Feinheiten der Demokratie, die ungleiche Verteilung von Reichtum auf dem Kontinent und ihre eigenen Möglichkeiten zur Mitbeteiligung verborgen. Am Beispiel seines Landes Mali mit fast 70 % Analphabeten zweifelte er an, dass diese Menschen Demokratie deshalb überhaupt verstehen können, um sie richtig zu praktizieren.
Die Regierungsprobleme begannen direkt nach der Unabhängigkeit. Die unabhängigen Staaten waren nicht in der Lage, starke Institutionen oder politische Rahmenbedingungen zu entwickeln, die zur Förderung der sozialen Harmonie, des wirtschaftlichen Wachstums und zur Erhaltung der politischen Stabilität im Interesse des Gemeinwohls nötig sind. Auch der Prozess der Nationenbildung war wegen der Zusammenführung der unterschiedlichen ethnischen Gruppen schwierig. Ein Nationalgefühl kam nicht zustande. Nicht zu vergessen, dass durch das „Teile und Herrsche“ der Kolonialherren der Tribalismus absichtlich hervorgerufen, verstärkt und zur Spaltung der Bevölkerungen genutzt wurde.
Viele afrikanischen Staaten scheiterten, weil sich politische Akteure und ihre Parteien zu häufig nur für ihre eigenen Ethnien und Regionen einsetzten. Politischen Parteien bildeten sich entlang ethnischer Linien, was man auch heute noch in vielen afrikanischen Ländern finden kann. Das war die Geburtsstunde autokratischer Führer. Klientelpolitik, Korruption, fehlende Gewaltenteilung und Rechtstaatlichkeit sowie ineffiziente Institutionen behindern die Entwicklung der Länder. Trotz der demokratischen Wellen der 90er konnte man diese gewachsenen Systeme nicht reformieren. Also muss ein politischer Wandel stattfinden, wo Vertreter aller Bevölkerungsgruppen am Tisch sitzen und gemeinsame neue Verfassungen für ihre Länder entwerfen. Am Ende sollen Regierungen entstehen, die das Wohlergehen des Landes und seiner Bürger priorisieren.
Sturm auf die US Demokratie
Die meisten Medien sowie westliche Politiker kommentierten den „Sturm auf das Kapitol“ in Washington mit Bestürzung. Sind das nicht dieselben Regierungen, die in Libyen, Syrien, Kongo DRC, CAR, Mali etc. Rebellionen anstifteten und noch finanzieren? Ach so, wir haben verstanden, richtige Demokratie soll es nur im Westen geben, aber für andere Länder sind „Scheindemokratien“ gut genug, solange die Wirtschaftsinteressen des Westens gesichert sind. In einer wahren Demokratie behandelt der Staat alle Bürger gleich. So, so, interessant. Ist Amerika denn eine wahre Demokratie, mit seinem Institutionellen Rassismus, dem Schwarze durch Ermordung und Inhaftierung zum Opfer fallen?
Die ganze Welt hat mitbekommen, wie der weiße Mob freundlich behandelt wurde im Vergleich zu den Protestlern von Black Lives Matter, denen mit aller Härte von Polizei und Nationalgarde begegnet wurde. Welche moralische Instanz hat das Land befähigt, über gute Regierungsführung und Menschenrechtsverletzung zu predigen? Unter dem Vorwand der Demokratie marschiert es für seine geopolitischen und wirtschaftlichen Interessen mit seinen Verbündeten in anderen Ländern ein.
Liebe Leser, in dieser Ausgabe gibt es drei neue Rubriken: 60 Jahre Unabhängigkeit – was wurde aus den Kolonien? Die Reihe „Afrodeutsche Geschichten“ gibt Einblicke in das Leben Schwarzer in Deutschland seit den 18. Jahrhundert. Die dritte Reihe „Made in Afrika“ wird Gründer vom Kontinent und ihre Produkte präsentieren.
Mit der 80. Ausgabe möchten wir Ihnen Afrika mit allen seinen Facetten wieder näher bringen. Ich bedanke mich ganz besonders bei allen unseren ehrenamtlichen Autoren und Redaktionsmitarbeitern. Ich freue mich, wenn wir die Entwicklung des bunten Kontinents gemeinsam kritisch begleiten.
Genießen Sie die Lektüre!
Veye Tatah